Produktion eines Musikvideos mit nur einer Kamera

Produktion eines Musikvideos mit nur einer Kamera

Viele unter uns wollten vielleicht schon einmal ein Musikvideo für eine befreundete Gruppe drehen. Man stellt sich sofort die Frage, wie soll das bitte gehen mit nur einer Kamera. Aber es gibt einige Tipps, die nicht mal so schlecht sind. Aber vor allem, wie macht man das mit dem Ton? Wie synchronisiert man den Ton? Wie funktioniert das alles in der Nachbearbeitung? Was benötige ich alles dazu und viele weitere Fragen…. Ich möchte hier gerne versuchen, Ihnen einige Ideen dazu mitzuteilen.

Ich habe eine sehr interessante Lösung dafür gefunden, wie man dies tontechnisch und aber auch nur mit einer Kamera bewältigen kann. Unerwähnt sollte nicht bleiben, dass diese Methode perfekt funktioniert – jedoch leider  aufwendiger, als wenn man alle aktuellen technischen Gerätschaften einbeziehen würde. Profis gehen natürlich mit Top-Equipment anders vor als hier beschrieben, aber man darf nicht vergessen, dass gerade ein Musikvideo heute oft mit einem sehr großen Budget produziert wird. Dass dies auch anders gehen kann, zeigt dieses Beispiel:

Basis für den Dreh

Als Ausgangsbasis benötigen wir als erstes natürlich mal eine fertig produzierte Audio-CD von der Musikgruppe. Hierbei ist darauf zu achten, dass diese möglichst digital im Studio aufgenommen wurde. Warum? Analogaufnahmen haben Gleichlaufschwankungen und sind daher problematisch für eine Synchronisation. Das heißt, dass analoge Tonaufnahmen immer etwas in ihrer Geschwindigkeit schwanken, wenn auch nicht hörbar, aber messbar auf alle Fälle. Man sollte deshalb eine entsprechend produzierte CD verwenden und entschließt sich für einen Titel, mit dem man das Video dreht. Man sucht sich eine passende Location oder auch mehrere, was natürlich den Aufwand erhöht. Was benötigt man vor Ort zur Produktion? Neben der Kamera einen guten CD-Player mit zusätzlichem Verstärker, Lautsprecher und natürlich das übliche Equipment wie Licht, Stativ usw.

Technischer Ablauf am Set

So, sehen wir uns nun den technischen Ablauf an: Sie starten die Aufnahme mit der Kamera und kurz darauf die Musik-CD. Von einer schönen Position aus, drehen Sie nun in voller Länge die Band. Die Band macht ihre Show, synchron zur Musik – alle hören die zugespielte Musik über die Lautsprecher. Wichtig dabei ist, dass die Bewegungen der Musikgruppe wirklich so gut als möglich synchron gemacht werden. Nachdem der erste Take aufgenommen wurde, sucht man sich einen neuen Blickwinkel mit der Kamera und nimmt wieder den Titel von vorne bis zum Schluss auf. Die in die Kamera eingebauten Mikrofone nehmen dabei den Ton vom Set auf – also auch die Musik, welche über den CD-Player eingespielt wird. Mit dieser Methode drehen Sie nun möglichst viele verschiedene Szenen ab.

Ein kompletter Standortwechsel ist auch kein Problem. Auch dort müssten Sie wieder die komplette Länge des Titels mit der Band abfilmen. Praktisch könnte es sein, wenn Sie sich die einzelnen Szenen gut notieren, damit Sie sich im Nachhinein noch auskennen. Sehr wichtig ist generell, dass Sie bei jeder Szene zuerst die Kamera starten und erst dann nach ein paar Sekunden den CD-Player. Während der Aufnahme können Sie ohne weiteres Kommentare der Band zurufen – das ist alles kein Problem. Der Ton wird zwar aufgenommen, aber dann nur kurz benötigt. Sehr hilfreich könnte auch sein, so wie man es von den typischen Hollywoodfilmen kennt, dass man eine sogenannte Filmklappe verwendet. Damit bekommt man dann ganz bequem für die Nachbearbeitung einen Bezugspunkt und man könnte sich so bei der Synchronisation im Schnittprogramm wertvolle Zeit sparen.

Wenn die Kamera nun auf die Band ausgerichtet und auf Aufnahme geschaltet ist, kann von gewissen Blickwinkeln die Kamera ohne Änderungen durchlaufen. Man sollte unbedingt versuchen, diverse Kameraeinstellungen zu filmen. Also ein Take von vorne bis hinten, Kamera läuft einfach durch, nächster Take von einem anderen Blickwinkel läuft wieder durch, die nächste Einstellung von einem anderen Blickwinkel und es werden schöne Zoomfahrten gemacht. Wieder von einem anderen Kamerablickwinkel macht man Kameraschwenks. Bitte achten Sie darauf, dass immer vom Anfang des Titels bis zum Ende gedreht wird – wir werden noch sehen warum.

Für ein paar Aufnahmen könnten Sie sogar die Kamera in die Hand nehmen und etwas verrückte Kamerafahrten machen – oder wenn vorhanden wäre noch besser, wenn Sie ein paar Takes mit einem Kamerastabilisierungssystem (Steadycam) machen würden. Sehr interessant wären auch Aufnahmen mit einem Kamerakran. Es würde das Video sehr aufwerten. Aber wie auch immer, drehen Sie immer vom Anfang bis zum Ende des Musiktitels. Wie schon erwähnt: Man sollte gut darauf achten, dass die Musiker möglichst synchron zur Musik agieren. Es würde ansonsten aussehen, wie wenn der Schnitt womöglich nicht passen würde, obwohl eigentlich „die Musiker“ hier nicht optimal synchron waren.

Man wird sich vielleicht folgendes fragen: Okay die Aufnahmen, bei denen die Kamera stillgestanden ist sind perfekt, aber was ist mit den Aufnahmen, bei denen ich einen Zoom gemacht und leider verpatzt habe (dies habe ich schon, während der Aufnahme gemerkt?!) Ist klar – jede Aufnahme, welche von vorne bis hinten geklappt hat, ist letztendlich besser, aber wenn kleinere Fehler passieren, würde ich dennoch weiterdrehen.

Synchronisation und Nachbearbeitung

So kommen wir nun weiter zum technischen Ablauf. Sagen wir mal, Sie haben nun verschiedenste Szenen mit der Band abgedreht, haben schöne Einstellungen gefunden und alles schön in Szene gebracht mit guter Beleuchtung. In der Nachbearbeitung wird es nun interessant. Sie ahnen es schon? Genau! Die einzelnen Takes werden nun in den Computer überspielt und jeweils untereinander angelegt. Sie positionieren nun den ersten Take und synchronisieren tonmäßig den zweiten Take zum ersten Take. Wenn die Musik dann gleich läuft, haben Sie nun die beiden ersten Videospuren synchronisiert. Wichtig ist dabei, nehmen Sie sich Zeit, bis die Musik wirklich 100% zeitsynchron ist.

Bitte beachten Sie bei der Synchronisation einer Videospur, dass Sie auch wirklich immer den Ton zeitgleich mit dem Video bewegen. Wenn Sie nun die erste Videospur inklusive der Audiospur (Basis) tonmäßig zur zweiten synchron eingerichtet haben, muten Sie diese Spur (Audio und Videospur). Als nächstes kommt nun die dritte Spur (Audio und Videospur) und synchronisieren diese zum ersten Take. Wenn auch diese wieder 100% okay ist, dann gehen Sie nach dieser Methode weiter vor, bis nun alle Spuren auf die erste Basis-Spur synchronisiert sind. Als Ergebnis müsste nun jede Spur in sich mit der Basis-Spur, video- und tonmäßig synchronisiert sein.

Als nächsten Schritt (zwischenspeichern nicht vergessen) empfiehlt sich, dass Sie nun jede einzelne Spur durchkontrollieren, vor allem die Videospuren, bei denen während der Aufnahme ein Zoom oder eine Kamerafahrt gemacht wurde. Jene Stellen, die nicht passen, sollten herausgeschnitten oder zumindest markiert werden, damit man sich auskennt, dass diese nicht verwendet werden sollten. Wenn Sie etwas herausschneiden, sollte man darauf achten, dass diese einzelnen Blöcke dann nicht verschoben werden wegen der Synchronität. Die einzelnen Audiospuren (natürlich außer der Basisspur) könnte man eigentlich löschen, dies wird aber dennoch nicht empfohlen.

Warum? Wenn doch mal versehentlich eine Spur in der Zeitachse verrutscht, wäre die Synchronität weg und kann ohne den Originalton nicht mehr synchronisiert werden. Man müsste also diese Spur neu anlegen und wieder neu zur Basis-Spur synchronisieren. Bei vielen Programmen lässt sich die nicht gerade verwendete Spur so verkleinern, dass sie nicht weiter stören sollte.

Danach wird nun die ursprüngliche Musik-CD (welche Sie am Set verwendet haben) zur angelegten Basis-Spur dazu synchronisiert. Dabei sollte man sehr genau arbeiten, da dies letztendlich die Musik ist, welche dann im fertigen Video zu hören ist! Wenn hier nicht sauber gearbeitet wird, kann die Synchronität zu den einzelnen Spuren nicht garantiert werden – also aufpassen! Man kann es gar nicht oft genug sagen, vergessen Sie nicht, immer wieder mal zwischenzuspeichern, oder noch besser – Sie speichern es immer wieder mal ab unter einem neuen Namen – so hätte man nötigenfalls Zugriff auf eine vorhergehende Version.

Der nächste Schritt dürfte am meisten Spaß machen. Man sollte nun alle Videospuren untereinander liegen haben. Einzelne Teile von Spuren sind bei nicht brauchbaren Stellen weggeschnitten oder so gekennzeichnet, damit man sich sofort auskennt. Nun werden die einzelnen Spuren je nach Lust und eigener Vorstellung bearbeitet, damit das Musikvideo seinen professionellen Schliff bekommt. Wie geht das? Das ist abhängig von Ihrem verwendeten Programm. Sagen wir, wir beginnen mit Spur 3 des Videos, da der Anfang optimal war. Alle anderen Videospuren sind hier gemutet oder zumindest so unterdrückt, damit nur Spur 3 zu sehen ist.

Zum Beispiel beim Programm Vegas Video von Magix kann man ganz bequem einen Kurvenverlauf entsprechend direkt ins Video einzeichnen – prinzipiell wie eine verlaufende Lautstärkekurve. Jedes Schnittprogramm bietet hier eigene Möglichkeiten dies zu bewerkstelligen. Weiter in unserem Beispiel – nach ca. 2 sec. möchten wir auf Spur 1 wechseln, nach 4 sec. kommt auf Spur 7 eine gelungene Kamerafahrt, welche man unbedingt verwenden möchte usw. Als einzige ist natürlich nur die angelegte synchronisierte Tonspur zu hören, welche aus der Produktion im Studio stammt. Alle anderen Tonspuren der einzelnen Videospuren müssen gemutet sein!

Profis gehen hier natürlich etwas anders vor. Es werden üblicherweise mehrere Kameras zum Einsatz kommen. Das heißt, manche Szenen sind dann in sich schon fertig gedreht, da mit verschiedenen Kamerawinkeln eine einzige Szene abgedreht wurde. Nach dieser Methode werden dann diverse Stellen des Videos gedreht. Das ganze wird dann noch mit anderen (nicht musikalischen) Szenen kombiniert, welche natürlich nicht synchron sein müssen.

Übrigens: Das können Sie auch bei unserer beschriebenen Methode einsetzen! Meist wird alles dann noch mit einem großen Aufwand an Effekttechnik aufgewertet. Einerseits elektronisch oder schon während der Aufnahme mit einer Blue-Box usw. Die Synchronisation ist hier natürlich auch ein Thema, ist aber mehr „technische Nebensache“. Die Kameras sind mit einer eigenen Synchronisation ausgestattet, so wie auch alle anderen Geräte, wo das aufgenommene Material wieder abgespielt wird. Dann darf man auch nicht vergessen, dass auch meist sehr teure Programme zum Einsatz kommen. Man kann oft gar nicht glauben, wenn man ins Profilager sieht, was es da für schöne „Progrämmchen“ gäbe.

Ich glaube, dass man mit dieser, wenn vielleicht etwas aufwendigen Produktionsart, dennoch gute Ergebnisse erzielen kann. Wenn man für schöne Bilder während der Aufnahme sorgt, gute Kameraeinstellungen findet in einer optimalen Location, so kann man verdammt gute Endresultate erzielen. Wichtig ist, dass grundsätzlich genau gearbeitet wird, damit wirklich alles immer schön synchronisiert ist. Nichts schlimmer, als wenn mal etwas nicht synchron läuft, denn dann würde man das ganze schnell als billig abstempeln. Auf dem Set sollte eine gute Atmosphäre geschaffen werden. Dazu ist auch der zugespielte Ton ein wichtiges Argument.

Die Musiker sollten das zugespielte Tonmaterial gut hören, damit sie entsprechend der Musik agieren können. Die Kamera sollte den Live Ton am Set auch gut aufnehmen, damit man dann bei der Nachbearbeitung den Ton zur Synchronisation gut hört. Es wäre sogar nicht unpraktisch, wenn Sie mit einem kleinen Mischpult arbeiten würden. Man könnte dann einen Mix machen, zwischen der zugespielten Musik direkt von CD und den aufgestellten Mikrofonen. So wäre die Musik bei der Nachbearbeitung noch besser hörbar, als die aufgenommene Spur über die Lautsprecher am Set. Hier wird bestimmt jeder seine eigene Methode finden.

Eine Frage ist noch offen: Warum man vom Anfang bis zum Ende des Titels jeweils drehen sollte? Okay, das ist relativ einfach zu verstehen. Jeder Musiktitel hat gewisse Wiederholungen vom Ablauf der Musik. Zum Beispiel kommt der Refrain eines Musiktitels öfter, auch eine Strophe wird immer wieder mal wiederholt. Wenn nun eine Szene mit einem Refrain gedreht wird, weiß man sicherlich nicht auf Anhieb – ist es der erste oder schon die zweite Wiederholung. Man wird sich schwer orientieren können. Außerdem wäre es ein großer Aufwand, solche kleinen Schnipsel jeweils in der Nachbearbeitung zu synchronisieren.

Das Problem ist auf einen Nenner gebracht: Von welchem Teil der Musik ist gerade der Videoschnipsel und habe ich auch wirklich alle Musikteile im Kasten. Einfacher und sicherer ist also bestimmt die beschriebene Methode – auch wenn diese aufwendiger und somit zeitraubender ist. Man müsste sich alle Teilaufnahmen des Videos zusammensuchen und in der Zeitachse entsprechend anordnen. Ein nicht unerheblicher Aufwand. Oft gibt es zudem Musiktitel, die zum Beispiel bei einem Refrain nicht überall den gleichen Übergang zum nächsten Musikteil haben.

Das heißt, es kann oft schwierig sein, rein hörtechnisch genau festzustellen, ist es jetzt nun der Videoschnipsel vom ersten Refrain oder doch von der zweiten Wiederholung oder wie auch immer. So wie hier nach dieser Methode beschrieben, muss man am Anfang einmal eine perfekte Synchronisation machen, und der Titel läuft vom Anfang an synchronisiert durch. Bei der Nachbearbeitung kann man sich dann voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren: Nehme ich an der Stelle die Videospur zwei, oder war doch Spur fünf die bessere, nein ich nehme lieber Spur acht – da war so ein schönerer Kameraschwenk drinnen. Check it out…